Kasseler SchülerInnen stehen auf, um ihre Zukunft zu erkämpfen!

13. Dezember 2017  Kommunales, Veranstaltungen

Am 11. Dezember 2017 rief das Bündnis „Unsere Zukunft erkämpfen“ zu einem Schulstreik an allen Kasseler Schulen auf.

Grund dafür: undichte Schuldächer, Naturwissenschaftsräume auf einem Stand der 60er Jahre und deutlich eingeschränkte Barrierefreiheit. Knapp 1000 SchülerInnen folgten dem Aufruf und machten lautstark und kämpferisch auf ihre Situation aufmerksam. Im Bündnis „Unsere Zukunft erkämpfen“ sind SchülerInnen von acht verschiedenen Schulen (GEW) zusammengeschlossen. Sie waren sich im September 2017 schnell einig – um die Schulen zu einem angenehmen Lernort (für alle!) zu machen, bedarf es einer massiven Gebäudesanierung! Unterstützt wurde das Bündnis dabei von Lehramtsstudierenden der Universität Kassel und Mitgliedern der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Stadtverordneten der Kasseler Linken sowie Mitgliedern politischer Organisationen wie der Partei DIE LINKE, Linksjugend [’solid],  SDAJ und der Sozialistischen Alternative SAV. Das Bündnis entstand, nachdem sich einige SchülerInnen der Offenen Schule Waldau an die Stadtverordneten der Kasseler Linken wandten, um von den massiven Mängeln der Schulinfrastruktur zu berichten und um nach Unterstützung zu fragen, die Notwendigkeit größerer finanzieller Investitionen im Bereich „Schule, Jugend, Bildung“ in die Haushaltsdebatten der Stadtverordnetenversammlung im Kasseler Rathaus zu tragen.

Ein Problem, das alle betrifft

Schnell wurde klar, dass marode Zustände keine Einzelfälle an Kasseler Schulen sind, sondern ein breitflächiges Problem: In den vergangenen Jahren hat die Stadt Kassel einen Investitionsstau von 144 Mio € angehäuft, Sanierungen wurden immer wieder nach hinten verschoben und auch um den Ist-Zustand zu erhalten, ist Geld nötig. Aus diesem Grund kamen viele von dem Problem betroffene SchülerInnen und weitere UnterstützerInnen zusammen und beschlossen, sich gemeinsam für Veränderungen an ihren Schulen stark zu machen. So fiel im Bündnis die Entscheidung, am 11. Dezember aus den Schulen raus und auf die Straße zu gehen. Mit unserer Abwesenheit in der Schule wollten wir deutlich machen, dass die Zustände nicht länger tragbar sind; mit der Anwesenheit auf der Straße wollten wir unsere Forderungen in die Öffentlichkeit tragen und sich mit dem Anliegen für Solidarität stark machen. Ziel war es, damit Einfluss auf die Haushaltsverhandlungen zu erlangen und die zu gering berechneten Bildungsinvestitionen auf einen Betrag zu rücken, der Optimierungen an den Schulen überhaupt erst realisierbar macht.

Mobilisierung für den großen Tag

Unter dem Motto „Unsere Bildung ist am Boden“ fand Anfang September die erste öffentlichkeitswirksame Aktion des Bündnisses vor dem Kasseler Rathaus statt. Nach nur wenigen Wochen des Bestehens konnte das Bündnis über 70 TeilnehmerInnen für sich mobilisieren. Da es den teilnehmenden SchülerInnen an diesem Tag von Seiten des Magistrats verwehrt wurde, an einer öffentlichen Haushaltssitzung teilzunehmen, wurden auch unsicherere TeilnehmerInnen ermutigt: Sie wollten weiterhin und noch entschlossener für ihr Anliegen auf die Straße zu gehen und so den Druck auf die Stadtverordetenversammlung zu erhöhen. Folgend wurden in den Schulen Unterschriftenlisten angefertigt: So konnten wir verdeutlichen, wie vielen SchülerInnen eine Aufstockung des Investitionsprogramms für Bildung und die Sanierung der Schulen wichtig ist. In den nächsten Wochen fanden noch weitere öffentliche Aktionen statt; von einem von der lokalen Presse begleiteten Gespräch mit dem Oberbürgermeister und der Bildungsdezernentin der Stadt Kassel, über gemeinsames Transparente malen in der Innenstadt bis hin zu einem symbolischen Trauermarsch unter dem Namen „Wir tragen unsere Bildung zu Grabe“. Denn eins ist sicher: Wenn die Stadt Kassel nicht endlich aufhört an der Bildung zu sparen, sehen wir als Bündnis „Unsere Zukunft erkämpfen“ schwarz für ebendiese Zukunft. Um die letzten Tage der Mobilisierung vor dem Streik voll auszunutzen, wurde außerdem eine öffentliche Informationsveranstaltung veranstaltet. Dort schilderte ein Teilnehmer der letzten Schulstreikbewegung vor zehn Jahren seine Erfahrungen, zum anderen wurde der genaue Ablauf des Streiks geplant Der Kasseler Magistrat hat offenbart, wie unwichtig ihm die Zukunft der Jugend ist. Die MitstreiterInnen im Bündnis jedoch waren entschlossen und motiviert, für ihr Ziel – eine bessere Bildung und somit eine bessere Zukunft – zu kämpfen!

Von vornherein erwies sich das Bündnis als eine handlungs- und aktionsorientierte Gruppe. Die Verankerung an der Basis der beteiligten Schulen war sehr gut. Das zeigte sich am Streiktag selbst. Die Einschüchterung über die Medien, dass die SchülerInnen instrumentalisiert würden, lief ins Leere. Die SchülerInnen kamen zahlreich und wussten es besser als Magistrat und HNA-Kommentar: Mit vielen bunten Schildern und Transparenten wurden die Missstände angeprangert und deutlich gemacht, dass die Situation an den Schulen unerträglich ist. Schon morgens standen SchülerInnen an den Schulen und holten sich gegenseitig ab, um sich dann vorm Rathaus zur gemeinsamen Auftaktkundgebung zu treffen. Dort kamen dann um die 1000 TeilnehmerInnen zusammen, das Bündnis organisierte ein gutes Programm mit kämpferischen Reden – Linksjugend-Mitglieder beteiligten sich dort an der Moderation und mit Redebeiträgen. Der Start der anschließenden Demonstration wurde dann leider durch die Polizei verzögert, deren Einsatzleiter nicht rechtzeitig vor Ort war. Durch die Verzögerung und den einsetzenden Regen verlor die Demonstration etwas an Größe, was aber der Stimmung keinen Abbruch tat: Die komplette Demonstration entlang wurden laut und enthusiastisch Parolen gerufen und so dem Wetter getrotzt. Am Stern gab es eine kurze Zwischenkundgebung, wo eine Solidaritätserklärung von streikenden schwedischen SchülerInnen aus dem dortigen Bündnis „SchülerInnen gegen Abschiebungen“ vorgelesen wurde. Diese wehren sich mit einem Schulstreik gegen die Verschärfung der schwedischen Abschiebungsgesetze.

Bei der Abschlusskundgebung, wieder vorm Rathaus, wurde deutlich, dass viele weitermachen wollen. So wird das hoffentlich nicht die letzte Aktion gewesen sein. Am Nachmittag des Streiktages hatte zusätzlich noch die Gewerkschaft GEW die LehrerInnen zu einer thematisch ähnlichen Kundgebung aufgerufen. Diese war mit 80 bis 100 TeilnehmerInnen deutlich kleiner, machte aber nochmal die wichtige Solidarität zwischen beiden Gruppen klar, was für die Stimmung gut war. Abends tagte dann die Stadtverordnetenversammlung, die durch den Schulstreik geprägt war – viele RednerInnen mussten darauf Bezug nehmen. Gleichwohl blockierte der rot-grün-gelbe Magistrat natürlich leider trotzdem jegliche Anträge, die mehr Schulsanierungen bedeutet hätten. Das ist eine Ansage an die streikenden SchülerInnen, die Bände spricht. Das Schülerbündnis „Unsere Zukunft erkämpfen“ trifft sich am Donnerstag, den 14. Dezember, um 19 Uhr zu einem Streik-Auswertungstreffen im Haus der Jugend, wo über das weitere Vorgehen und mögliche weitere Aktionen beraten wird. Der überaus erfolgreiche und sehr motivierende Protest schafft dafür positive Vorzeichen.