Der Klimawandel ist im vollen Gange und die Veränderungen sind auch in Kassel deutlich zu spüren. Noch jetzt im Herbst sind die Auswirkungen eines weiteren trockenen Sommers sichtbar, den Böden fehlt das Wasser.
Für die zukünftige Temperaturentwicklung hat der Weltklimarat mehrere Szenarien entwickelt. Selbst wenn der CO2-Ausstoß wie nach dem Pariser Klimaabkommen vereinbart sehr schnell auf null reduziert würde, erwärmt sich der Planet um 1,5 Grad. Die ökologischen und sozialen Konsequenzen sind auch in diesem Fall drastisch und schwer absehbar. Die Folge sind akute Brandgefahr in Parks und Wäldern, schlechte Ernten und mehr Hitzewellen.
Das Kasseler Becken ist aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Siedlungsstruktur das wärmste Gebiet im nordhessischen Bergland. Ganze städtische Areale sind jetzt schon Überhitzungen ausgesetzt. Zu der Überwärmung aufgrund weitläufig versiegelter Flächen kommt die Kessellage Kassels und die daraus resultierende schlechte Frischluftversorgung hinzu. Trotz dieser Probleme setzt sich der Trend zur Bodenversiegelung fort. Andererseits bleibt eine dringend notwendige Entsiegelungspolitik aus. Abkühlende Faktoren wie Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Parks, Bäume und andere Vegetation sind in der Stadtmitte nur noch rudimentär vorzufinden, starke Überwärmungsentwicklungen in fast allen Ortsteilen sind bereits heute sichtbar.
Wenn keine der genannten Gegenmaßnahmen von der Stadt getroffen werden, kann der heutigen und zukünftig stärker ausfallenden Überwärmung nur durch umfängliche Optimierungen von Wohnräumen durch Klimaanlagen entgegengewirkt werden. Aber das würde den Emissionsausstoß weiter in die Höhe treiben und einen weiteren Temperaturanstieg begünstigen. Diese Optimierungen würden vor allem nur jenen möglich sein, die sich einen entsprechenden Umbau leisten können. Alle anderen Menschen in Kassel sind der Hitze schutzlos ausgesetzt.
Es ist also nicht nur wichtig, den CO2-Ausstoß drastisch zu minimieren, sondern vor allem ist das Entsiegeln von Flächen, die massive Neuanpflanzung von Bäumen und Vegetation in verschiedensten Variationen notwendig.
Die Ambitionen von städtischer Seite, auf Grundlage umfänglicher Kenntnisse zu dieser Problematik, liegen jedoch bisher weit hinter den eigenen Möglichkeiten. Eine CO2 Neutralität bis 2030 und ein von der Stadtverordnetenversammlung beschlossener, aber noch nicht eingerichteter Klimarat sollen bei zukünftigen Entscheidungen den Fokus auf den Klimawandel erhöhen.
Die Wissenschaft prognostiziert Kassel bis zum Jahr 2050 selbst im wohlwollendsten Szenario ein Klima, das mit dem in Rom und Madrid vergleichbar sein wird. Zukünftige Hitzewellen mit mehr als 40 Grad werden Normalität und die ökologischen und sozialen Schäden kaum abzusehen sein. Wenn die Verantwortlichen auf allen Ebenen der Politik jetzt nicht konsequent reagieren, werden wir uns an die „Hitze und Trockenheitswelle 2019“ noch wohlwollend erinnern.
Erschienen in der aktuellen linKSzeitung