Zu Beginn der Corona-Krise wurde durch Beschluss des Aufsichtsrats der Gesundheit Nordhessen AG (GNH) das Kreiskrankenhaus Wolfhagen geschlossen.
Während die Gesundheitsämter sich landesweit damit beschäftigen, Hotels und Hallen als Nothospitäler einzurichten, man weltweit diskutiert wie gute gesundheitliche Versorgung aussehen muss, steht in Nordhessen ein Krankenhaus leer. Zwar erklärt die GNH, dass zurzeit an allen stationären Klinikstandorten ‚die Intensivkapazitäten auf die Lage zu Covid-19 angepasst‘ würden, jedoch scheint damit nicht das Kreiskrankenhaus Wolfhagen gemeint zu sein.
Es gibt in Hessen einen Krankenhausplan, der seit 2009 besteht, aber eigentlich nur eine Aufstellung aller zum damaligen Zeitpunkt existierenden Krankenhäuser enthält. Anschließend wurden Krankenhauskonferenzen geschaffen, aus denen sich regionale Gesundheitskonferenzen entwickelten, die aber faktisch nicht existieren. Mit einem Plan im Sinne von Planung und Versorgung hat das nichts zu tun. Die gesundheitliche Versorgung wird dem Markt, dem Zufall, den Kapitalinteressen überlassen. Ob ein Krankenhaus bestehen bleibt, ist einzig und allein davon abhängig, ob es wirtschaftlich ist. Aber weder das Geborenwerden, noch das Sterben unterliegen den Kriterien des Wirtschaftlichen, es geht einzig und allein um das aller existenziellste, das Leben schlechthin.
Deshalb muss die gesundheitliche Versorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge an den realen Bedürfnissen der Menschen gemessen werden. Krankenhäuser müssen auch in der Fläche vorgehalten werden und sich an der Altersstruktur und den Wegebedingungen orientieren sowie eine Grundversorgung sicherstellen. Planbare und spezialisierte Aufgaben können zentral übernommen werden. Das darf aber nicht bedeuten, dass die einen zugunsten von Aktionär*innen Geld verdienen und die anderen Defizite einfahren. Defizite, die von Steuerzahler*innen getragen werden müssen. Dazu braucht es in Berlin und Wiesbaden Politiker*innen, die im Interesse der Menschen arbeiten. Außerdem werden vor Ort Bürgermeister*innen und Landrät*innen benötigt, die den Mut haben gegen den Strom zu schwimmen. Wir Linke stellen Menschen vor Profite. Dem Fass den Boden ausgehauen hat OB Geselle, als er handstreichartig in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der GNH den Brandschutz als Mittel zum Zweck entdeckt hat. Spätestens als die Feuerwehr sich an den deutlichen Bürgerprotesten beteiligte wurde das Scheinargument entlarvt.
Zwischen 2000 und 2015 wurden bundesweit 384 Krankenhäuser geschlossen und 69.272 Betten abgebaut. Besonders pervers ist es, dass der Abbau von Betten und Kliniken durch Strukturfonds (Bund und Land) auch noch gefördert wird. Eine Bertelsmann-Studie forderte im letzten Jahr, von 1400 Kliniken nur noch 600 zu erhalten. Allein in Hessen wurden in den letzten 20 Jahren über 10 % der Krankenhäuser geschlossen und in gleicher Größenordnung Betten abgebaut. Gleichzeitig sind die Fallzahlen um 12 % gestiegen. Aufgrund der Pandemie hat sich die Debatte um die Krankenhausversorgung in Deutschland verändert. Diese Chance muss dazu genutzt werden, der Planlosigkeit, dem Wirtschaftlichkeitsdenken und erst Recht dem Gewinnstreben ein Ende zu bereiten.
Die Entscheidung des Landkreises, mit allen politischen Fraktionen, das Krankenhaus in Wolfhagen zu retten, begrüßen wir sehr. Geselles Widerstand dagegen kann nur darüber erklärt werden, dass er mit der Schließung in Wolfhagen das Angebot verknappen und damit die Konkurrenz für die GNH verkleinern wollte. Das immer knapper werdende Personal würde sich damit in Kassel konzentrieren. Jetzt muss der Kreis darauf achten, nicht wieder eine Situation zu schaffen, in der andere entscheiden, was aus der gesundheitlichen Versorgung im Kreis wird. Die Hoheit muss bei den gewählten Vertreter*innen der Bevölkerung liegen.
OB Geselle hat sich in jeder Hinsicht als Repräsentant eben dieser Bevölkerung vollständig diskreditiert. Sein Handeln hat das Vertrauen der Menschen in die Politik tief geschädigt. Er hat eine Kluft zwischen die Stadt und den Kreis gerissen, die auf Jahre ihre Nachwehen haben wird. Für Linke ist weder die politische Ausrichtung seines Handelns noch der menschliche Umgang, den er an den Tag legt, tragbar.
Dieser Artikel von Marjana Schott ist in der 32. Ausgabe der Linkszeitung erschienen