Kassel sagt Nein zur Bezahlkarte! Die Linke Kassel ist Teil des Bündnisses


Seit Mitte Dezember 2024 werden in den Erstaufnahmeeinrichtungen in
Hessen die ersten Bezahlkarten für asylsuchende Menschen ausgegeben.
Damit sind bereits die ersten Menschen im Raum Kassel von der Einführung
der Bezahlkarte betroffen: Sie sind gezwungen, in bestimmten Geschäften
einzukaufen und haben nur noch 50€ Bargeld im Monat zur Verfügung.
Einkäufe über Kleinanzeigen, generell Online-Käufe, Taschengeld für die
Kinder, der Beitrag für Schulausflüge: Das alles ist bei der Bezahlkarte nicht
mitgedacht. Damit ist die Bezahlkarte ein weiterer Schritt der Entrechtung
von Asylsuchenden in Deutschland.
Wir wollen uns als Bündnis der Kasseler Stadtgesellschaft klar gegen die
Einführung der diskriminierenden Bezahlkarte und den Abbau sozialer
Rechte stellen. Geschlossen gegen Ausgrenzung heißt für uns in Kassel
auch: Wir sagen Nein zur Bezahlkarte und Ja zu einer Politik der Solidarität.


Was ist das Problem?
Mit der Einführung der Bezahlkarte wird nicht, wie behauptet, tatsächlichen
Problemen begegnet. Stattdessen handelt es sich um bloße Symbolpolitik
mit verheerenden Folgen für die Betroffenen. Die Bezahlkarte ist das
Ergebnis eines zunehmend rechten Diskurses, welcher asylsuchende
Personen zur Ursache sämtlicher sozialer Probleme macht.
Die Einführung der Bezahlkarte ist dabei nicht nur ein direkter Angriff auf
Teilhabemöglichkeiten der Betroffenen, sondern eine autoritäre Maßnahme,
die auf weitere Gesellschaftsgruppen ausgeweitet werden kann – wenn wir
ihre Einführung dulden. Daher ist es wichtig, von Anfang an Widerstand zu
leisten und praktische Solidarität mit den Betroffenen zu üben, um ein klares
Zeichen gegen autoritäre Politik – egal auf welcher Ebene – zu setzen.


Wie läuft es in Städten, in denen es die Bezahlkarte schon gibt?

Betroffene Personen aus Städten, wie beispielsweise Hamburg, wo es die
Bezahlkarte nun schon mehr als ein Jahr gibt, berichten von massiven
Problemen und Einschränkungen im Alltag. Viele Geschäfte akzeptieren die
Bezahlkarte gar nicht oder es gibt einen Mindesteinkaufswert von 15 oder 20
Euro. Ob auf Flohmärkten, im Lebensmittelladen um die Ecke oder beim
Friseur: Geflüchtete Personen bekommen die herrschende
Ausgrenzungspolitik zu spüren. Während die Politik von einem reibungslosen
Ablauf sprechen und sogar behaupten, die Bezahlkarte würde
Diskriminierung abbauen, passiert in der Realität das Gegenteil. Allerdings
gibt es in anderen Bundesländern auch Kommunen, die sich der Einführung
der Bezahlkarte widersetzen oder diese wieder abschaffen wollen.


Aber würden Geflüchtete ohne die Bezahlkarte nicht Sozialleistungen
ins Ausland überweisen?

Nein. Auch wenn Boris Rhein (CDU) das immer wieder behauptet, gibt es
keine Hinweise darauf, dass relevante Geldsummen aus Sozialleistungen ins
Ausland fließen. Laut einer aktuellen Studie überweisen nur 7% der
Geflüchteten überhaupt Geld ins Ausland, und der überwiegende Teil dieser
Personen arbeitet – verdient also eigenes Geld und erhält keine
Sozialleistungen. Asylsuchende erhalten maximal 441€ pro Monat an
Sozialleistungen, teilweise weniger. Zu behaupten, dass Geflüchtete davon
relevante Summen ins Ausland überweisen, ist realitätsfern und falsch.
Die Bezahlkarte ändert nichts an den Zwängen der Flucht
Es wird damit argumentiert, mit der Bezahlkarte werde eine Flucht nach
Deutschland unattraktiver oder Gelder können nicht mehr in Herkunftsländer
geschickt werden. Die Idee, Bargeld sei der zentrale Pull-Faktor, ist
wissenschaftlich widerlegt. Sowieso bekämpft die Bezahlkarte keine
Fluchtursachen, sondern diskriminiert lediglich Schutzsuchende.
Bezahlkarten sind kompliziert und teuer
Die Bezahlkarte wird auch unter dem Vorwand eingeführt Bürokratie
abzubauen. Stattdessen schafft die Bezahlkarte mehr Bürokratie, weil
eigenständige Überweisungen von Betroffenen damit nicht mehr möglich
sind. Viele Kommunen haben bereits den Zusatzaufwand in der Praxis
kritisiert und auch der Leiter der Kasseler Kreisverwaltung berichtet, dass
sich das Sozialamt bereits auf mehr bürokratischen Aufwand vorbereitet. So
müssen etwa Überweisungen für Miete, Strom, Telefonrechnungen,
Fahrkarten zukünftig einzeln angeordnet werden.


Gibt es eine Alternative zur Bezahlkarte?
Ja, es könnte so einfach sein. Asylsuchende könnten ihre Sozialleistungen
wie vorher auf ein reguläres Bankkonto überwiesen bekommen – anstatt auf
die diskriminierende Bezahlkarte. Reguläre Bankkonten wären einfacher zu
handhaben und günstiger: Wir sagen Basiskonto statt Bezahlkarte!
Asylsuchende könnten dann wieder selbst über ihr Geld verfügen und
entscheiden, ob sie bar oder mit Karte zahlen. Nebenbei würde dadurch
auch die Verwaltung entlastet werden, weil sie nicht mehr unnötige
Einschränkungen überwachen müsste.


Wer profitiert von der Bezahlkarte?
Mit der Einführung der Bezahlkarte verdienen private Großkonzerne an der
staatlichen Ausgrenzungspolitik. Die Unternehmen Visa und Mastercard
lassen sich die Einrichtung der Vielzahl technischer Einschränkung zur
Schikane der Geflüchteten auf der Bezahlkarte teuer bezahlen. Bezahlt wird
das von Steuergeldern.


Was können wir tun?
In Großstädten wie Hamburg oder München, in denen es die Bezahlkarte
schon länger gibt, hat sich ein solidarisches Tauschsystem etabliert. Durch
diese solidarische Struktur wird betroffenen Menschen weiterer Zugang zu
Bargeld ermöglicht.
Die Städte und Landkreise in Hessen sind verpflichtet, Menschen, die in der
Erstaufnahmeeinrichtung eine Bezahlkarte erhalten haben, auch nach der
Zuweisung in die Kreise und kreisfreien Städte die Leistungen mit dieser
Bezahlkarte zu gewähren. In Hessen gibt es allerdings für Städte und
Landkreise die Option, sich gegen die Einführung der Bezahlkarte für
diejenigen zu entscheiden, die bisher ihre Leistungen auf ein Konto oder in
bar erhalten haben.
Wir fordern von den Städten und Gemeinden, auch in ihrem eigenen
Interesse, zu bedenken welche Konsequenzen die Bezahlkarte für die
betroffenen asylsuchenden Menschen aber auch für die lokale Verwaltung
hat und sich gegen diese rassistische Maßnahme zu wehren! Wir als Bündnis
der Kasseler Stadtgesellschaft fordern ein „Nein zur Bezahlkarte“ in Kassel
und überall!
Einkaufen war noch nie so solidarisch!
Lasst uns das (Bezahlkarten-) System aus den Angeln heben!


10.03.2025, Bündnis gegen die Bezahlkarte Kassel